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Rezension: Im Gespräch- Wie wir einander begegnen-Kersten Knipp. Klampen Essay


Kersten Knipp, der Autor dieses Werkes, arbeitet für die Deutsche Welle, den WDR und andere Sender der ARD. Darüber hinaus schreibt er für verschiedene Printmedien. Schwerpunkt seines Tuns ist einerseits die Kulturgeschichte der romanischen Welt, andererseits die politische Zeitgeschichte des Nahen Ostens. Zu diesen beiden Themen verfasste er bereits  mehrere Bücher. 

Auf "Buch, Kultur und Lifestyle" hat Kersten Knipp  vor einiger Zeit ein Interview gegeben zu seinem von mir rezensierten Buch "Die Erfindung der Eleganz:"

Seine neue Publikation - "Im Gespräch“-  enthält neben der Einleitung acht Essays, die sich mit besagter kultureller Technik befassen, die uns, wie der Autor bekundet, "im besten Fall bis in den Himmel hebt.“ 

Im Gespräch gehe es ganz wesentlich auch darum: "neue Ideen zu entwickeln, Ungesagtes zu sagen, Übersehenes sichtbar zu machen, neue Perspektiven aufzuzeigen,(...) ihre Plausibilität offenzulegen, den Gedanken, ja sogar die Überzeugung zu wecken, das Gesagte finde tatsächlich seinen Weg in die Welt und könne sie verändern.“ 

Das Gespräch stehe am Anfang aller Wandlung. Vermutlich sei es sogar der Grund aller Veränderung. In unserer von Krisen und Kriegen geplagten Zeit ist das Gespräch wichtiger denn je, denn es ist die Chance zur Veränderung, wie Kersten Knipp, gewiss nicht grundlos, hervorhebt. 

Wie er sagt, sprechen wir nicht um der Dinge wegen, sondern nicht selten, um den Austausch mit anderen zu pflegen. Das ernsthafte Gespräch sei indessen eine Gnade. Das sehe ich auch so und meine, man sollte sich dieser Gnade auch bewusst werden. Die Essays helfen dabei. 

Das Gespräch schenke uns Freiheiten. Sprache befreie und Schweigen-Müssen sei eines der großen Unglücke, denen sich ein Mensch gegenübersehen kann. (Man fragt sich, weshalb dies nicht allen Menschen bewusst ist, dass man durch ernsthafte Gespräche Licht ins Dunkel bringt und Platz für Hoffnung geschaffen wird, ohne die Veränderung nicht möglich ist.) 

Kersten Knipp thematisiert in diesem Buch auch die "dröhnende Stille" in den sozialen Netzwerken, deren Ziel es ist, der Einsamkeit zu entfliehen, deren Sehnsucht das Gespräch zu sein scheint, das auf diese Weise nicht entstehen kann. 

Der Autor erwähnt Denis Diderot, für den klar war, dass der Mensch in der Einsamkeit untergeht.Weshalb werden solch kluge Erkenntnisse über die Zeiten hinweg wieder vergessen?

Allerdings gäbe es auch eine Sprache der absoluten Verachtung. Sie schaffe eine eigene Realität. Kein Töten, dem nicht Verachtung vorausginge. Auch darüber schreibt Knipp Wissenswertes, indem er historische Beispiele heranzieht. Doch auch von Fällen liest man, wo der totalitären Sprache ihr Gegenteil entgegengebracht wurde, liest von den Rissen, die genutzt wurden, um Hoffnung ins Dunkel zu bringen, liest von dem Neurologen Victor E. Frankl, der im KZ Auschwitz durch die Kraft der Worte, den Insassen zum Durchhalten verhalf, bis sie seitens der Alliierten gerettet werden konnten. 

Ein Essay ist dem Gespräch der Verliebten gewidmet, wobei die Sprache der Liebe nicht ausschließlich, so doch zu großen Teilen eine körperliche sei. Verlaufe sie über Worte, transportiere sie allerdings primär Affekte. 

Die unvergesslichen Gespräche, seien jene, in denen wir uns aufgehoben, ermutigt ja sogar gerettet fühlten. In diesem Zusammenhang erwähnt der Autor Martin Buber und seinen Essay "Ich und Du". Es geht im Gespräch um wirkliche Begegnung, darum sich auf den anderen einzulassen. Auf diese Weise entfalte ein Gespräch "eine essentielle Kraft, ein gegenseitiges Verständnis, eine Hilfsbereitschaft, die weitreichende Folgen haben kann, nicht zuletzt, dass ich mich einem anderen Menschen sehr nahe fühle." Buber resümiert, dass der Mensch am Du zum Ich werde und Kersten Knipp folgert, dass dies die tiefere, vielleicht eigentliche Bedeutung eines jeden Gesprächs sei. Das sehe auch ich so. 

Dies und vieles mehr eröffnet dem Leser den Horizont für sinnvolle Gespräche. Dabei wird der Schrecken der Phrase nicht vergessen, die es zu meiden gilt. 

Wie es sich mit Small-Talk verhält, erfährt man  übrigens im letzten Essay. 

Ein wirklich gelungenes Werk, das über den Sinn eines guten Gesprächs aufklärt und für dessen Leichtigkeit sensibilisiert. 

Maximal empfehlenswert 

Helga König

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