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Rezension: Schattenhochzeit

Der auf der Insel Kreta geborene amerikanische Wissenschaftler Kyriakos Roussias besucht nach Jahrzehnten die Orte seiner Kindheit. Bei diesen handelt es sich um abgelegene Dörfer auf besagter griechischen Insel. Hier leben die Menschen primär von Schafzucht und weisen in ihrem Habitus offenbar noch recht archaische Züge auf. Roussias hat jene, ihm eigentlich nie vertraute Welt während seines Aufenthaltes in den USA allmählich verdrängt. Außer einigen folkloristischen Abenden mit entsprechender Musik und einer Menge "Raki", sowie sporadischen Telefonaten mit seiner alten Mutter hat er seine Herkunft aus seinem jetzigen Leben verbannt. Hierfür gibt es nachvollziehbare Gründe! Im Laufe der vergangenen fünfzig Jahre mußte Roussias Familie allein sieben Angehörige betrauern. Opfer der Blutrache sind sie alle geworden; mit anderen Worten sie haben sich gegenseitig umgebracht.

Die Autorin erzählt von kargen Landschaften und kleinen Ansiedlungen, von Hirten und deren Mühsal, von irritierender Rückständigkeit, von archaischer Lebensweise. Die geschilderten Menschen sprechen nur wenig miteinander. Missverständnisse werden insofern nicht aus dem Weg geräumt. Die Folge ist Streit, schon aus geringfügigem Anlaß; das Ergebnis: Familienfehde!

Die Männer dieser Region haben ein düsteres Auftreten, schwarzbekleidet, bis zu den Zähnen bewaffnet, gehören sie im Grunde einer vergangenen Welt an. Sie gehorchen frühzeitlichen Regeln, die im Widerspruch stehen zu den staatlichen Gesetzen. So verbringen sie einen Großteil ihres Lebens im Gefängnis, ohne sich tatsächlicher Schuld bewußt zu sein. Getrieben von rachelüsternen Frauen, gehorchen sie den alten Gesetzen der Familienfehden.

Auch Roussias Vater war Mörder und Opfer der Blutrache zugleich und stellt eine schwere moralische Bürde für den Sohn dar, der selbst mit seinem besten Freund über diesen Sachverhalt nicht sprechen kann. Das Inselgesetz fordert von ihm, dass er den Mord an seinem Vater rächt. Wie Roussias mit der an ihn gestellten Forderung umgeht, insbesondere als sich diese während seines Inselbesuchs erheblich verdichtet, lesen Sie auf den letzten Seiten des packend geschriebenen Romans....!

Ioanna Karystiani hat ein interessantes Buch geschrieben, das sich nicht zuletzt mit der Frage beschäftigt, ob man die mögliche Kluft zwischen Herkunft und späterem Leben so schließen kann, dass das Ergebnis Versöhnung zum Inhalt hat? Die Autorin findet eine Antwort, nachdem sie den Leser "mit Kreta", dem "Minenfeld verhängnissvoller Momente", vertraut gemacht hat.

Ein lesenswerter Roman!

Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.



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