Dem Klappentext ist zu entnehmen, dass das vorliegende Buch von belesenen und vielgereisten Absolventen des Aufbaustudiengangs Buchwissenschaft an der Ludwig-Maximilian-Universität geschrieben und gestaltet worden ist. Das Vorwort zum Buch hat der Journalist, Essayist und Literaturkritiker Feridun Zaimoglu verfasst.
In der Einleitung erfährt man, dass das Buch dazu einladen möchte, die Welt lesend zu erkunden und sich auf diese Weise in ferne Länder und fremde Kulturen zu träumen. Die Lesereise führt den geneigten Leser von Europa nach Asien, von da nach Ozeanien und weiter nach Afrika, Südamerika und schließlich auch nach Nordamerika.
Vorgestellt werden im Rahmen von beispielhaften Buchbesprechungen 80 große Romane des 20. Jahrhunderts, die in bestimmten Ländern und dort an bestimmten Orten spielen. Neben den Buchbesprechungen wird stets auch der Autor kurz vorgestellt und es ist nicht selten ein Notabene angefügt, dem man Wissenswertes entnehmen kann.
Es führt zu weit alle Romane und Autoren jetzt aufzulisten. Gefallen hat mir, dass man immer ein paar Zeilen aus dem jeweiligen Buch zitiert hat und man auch immer wieder zwischendurch mit einladenden Bildern zum gedanklichen oder gar tatsächlichen Reisen verlockt wird, aber auch zum Kauf des ein oder anderen Buches, nachdem man sich in die entsprechenden Zusammenfassungen vertieft hat.
Auf Seite 73 ff fand ich eine Buchzusammenfassung des Romans "Am Hang" von Markus Werner, den ich vor einigen Jahren auf Amazon rezensiert habe. Der Verfasser dieser Buchzusammenfassung hat die Essenz des Buches sehr gut wiedergegeben. Dass man schon nach der Buchbesprechung Lust bekommt in das Tessin zu reisen, steht außer Frage und so sieht es bei allen anderen Buchbesprechungen ebenfalls aus. Fernweh stellt sich ein, man möchte schnell die Koffer packen und beispielsweise nach Paris reisen und tut es gedanklich ohne hin sofort.
Hemingway schreibt: "Eines Tages traf ich Joyce, der den "Boulevard Saint Germain" entlangkam, nachdem er allein in einer Matinee gewesen war. Er hörte den Schauspielern gerne zu, wenn er sie auch nicht sehen konnte. Er forderte mich auf, etwas mit ihm zu trinken, und wir gingen in die "Deux Magots" und bestellten herben Sherry, obschon sie immer lesen werden, dass er nur Schweizer Weißwein trank." (Zitat: S. 29) Mir gefallen diese eingeschobenen Zitate aus den Büchern, die besprochen werden, weil sie noch neugieriger auf den Text machen. Wie schön muss es sein morgens, wenn die Sonne schon scheint, hellwach in einem Hotelbett in Saint Germain zu liegen und ein wenig in Hemingways " "Paris - ein Fest fürs Leben" zu lesen, um anschießend im "Deux Margot" seinen ersten Kaffee zu genießen.
Sehr gut zusammengefasst sind auch Canettis "Stimmen von Marrakesch“. Man erfährt u.a., dass man durch Canettis Augen eine reizvolle Innenansicht der orientalischen und jüdischen Gesellschaft erlebt und dass er sich dabei keiner Klischees bedient, sondern das alltägliche Leben nachzeichnet, ( vgl.: S.183). Stimmt und es stimmt auch, dass "Stimmen von Marakesch" mehr als nur eine Reisebericht ist. Es ist wahr, es handelt sich tatsächlich um eine Sammlung von Momentaufnahmen eines präzisen und wissbegierigen Beobachters, (vgl.: S.183).
Mein großes Lob gilt der Zusammenfassung von Hundert Jahre Einsamkeit" von Gabriel Garcia Marquez. Es war sicher nicht einfach, bedenkt man wie vielschichtig der Roman ist. Zu recht wird daran erinnert, dass der Roman fast ein enzyklopädisches Werk ist. Dieses auf noch nicht einmal vier Seiten zusammenzufassen und keine Wesentlichkeit zu vergessen, ist eine Meisterleistung. Respekt.
Obschon ich nicht gerade wenig lese, kenne ich die meisten der besprochenen Romane nicht und schon gar nicht jene, die in den Kurzbesprechungen zum Weiterreisen aufgelistet sind. Die Buchbesprechungen machen mich aber sehr neugierig auf die beschriebenen Fremdheiten in Ozeanien, jenem Paradies, das mich besonders inspiriert. "Rückkehr durch die Hintertür" werde ich ganz bestimmt lesen. Es handelt sich um eine Satire, die auf Tonga in der Südsee spielt. Der Autor Epili Hau `ofa war der Privatsekretär des Königs von Tonga.
Auch Ahdaf Soueifs "Die Landkarte der Liebe" möchte ich lesen. Die Liebesgeschichte, die erzählt wird, scheint packend zu sein.
Meine Rezension möchte ich mit einem Zitat beenden, das aus einem Buch stammt, welches auf den Seiten 171 ff besprochen worden ist. Es handelt sich dabei um eine Textstelle aus "Schuld des Tages an die Nacht" von Yamina Khadra, die ich so berührend finde, dass ich sie mitteilen möchte: "Was ist die Liebe, wenn sie nur Schmerz gewährt? Was taugen ihre Mythen und Legenden, Siege und Wunder, wenn die Liebenden unfähig sind, über sich selbst hinaus zu wachsen, dem Zorn des Himmels zu trotzen, die ewigen Freuden fahren zu lassen für einen Kuss, eine Umarmung, einen Moment der Nähe?" (Zitat S. 174)
Empfehlenswert, weil das Buch Neugierde weckt, zum Träumen anregt und wirklich beispielgebende Buchbesprechungen enthält.
Das rezensierte Produkt ist überall im Handel erhältlich.
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