Das rein Gedankliche hat immer das Nichts zur Folge und zwar weil es seelenlos ist.
"Das Spiel ist aus" habe ich das erste Mal in einem Ethikseminar im Rahmen meines Politikwissenschaftsstudiums gelesen. Auch Sartres Drama "Die schmutzigen Hände" las ich damals zum ersten Mal. Wir Studenten besuchten sogar nach der Lektüre mit unserem argentinischen Professor das Programmkino, um die Verfilmung von "Das Spiel ist aus" zu sehen. Das war Ende der 70er Jahre.
Gestern Abend befasste ich mich erneut mit diesem Werk, nachdem ich eine Rezension eines Mitrezensenten dazu gelesen hatte.
Wikipedia hat "Das Spiel ist aus" sehr gut zusammengefasst, deshalb erspare ich mir den Text in eigenen Worten wiederzugeben:
"Die Handlung spielt in Frankreich im Zweiten Weltkrieg. Zur etwa gleichen Zeit werden Ève Charlier von ihrem Mann, dem Milizsekretär André Charlier, vergiftet und Pierre Dumaine, ein Mitglied der französischen Widerstandsbewegung, von einem Spitzel erschossen. Nach ihrem Tod folgen sie einer inneren Stimme, die sie zu einem Zimmer in der Rue Laguénésie führt. Dort erfahren beide, von einer hinter einem Tisch sitzenden und sehr formal auftretenden Person, dass sie tot sind. Sie erfahren, dass sie sich weiterhin in der realen Welt bewegen können, jedoch von den Lebenden nicht wahrgenommen werden und auch keinen Einfluss mehr auf die reale Welt nehmen können. Hier treffen sich Ève und Pierre zum ersten Mal und verlieben sich nach kurzer Zeit ineinander. Bei einem erneuten Besuch der Rue Laguénésie stellt sich heraus, dass beide laut Unterlagen seit Geburt an füreinander bestimmt gewesen wären, aber aufgrund eines bürokratischen Fehlers einander nicht getroffen haben. Sie erhalten die Möglichkeit ins Leben zurückzukehren, um ihre Liebe unter Beweis zu stellen. Schaffen sie es innerhalb von 24 Stunden einander uneingeschränkt zu vertrauen und ihre Zuneigung gegenüber den auftretenden Schwierigkeiten zu behaupten, dürfen beide in der Welt der Lebenden bleiben...."
...doch die beiden schaffen es wieder nicht ihre Liebe zu leben. Warum?
Meines Erachtens, weil sie dem rein Gedanklichen zu viel Raum geben. Pierre kämpft erneut als Widerstandkämpfer gegen eine austauschbare Ideologie, verliert dadurch erneut sein Leben und seine Liebe. Was bleibt ist das Nichts und das ist immer so, wenn man sich dem Gedanklichen verpflichtet fühlt. In Sartres "Die schmutzigen Hände" wird deutlich, dass selbst dann, wenn man politisch etwas Positives möchte, sich dies letztlich immer in das Gegenteil verkehrt, weil selbst dann, wenn man die Menschenrechte politisch im Rahmen einer Organisation durchsetzen möchte, die Organisation irgendwann die Metaebene vergisst und nichts mehr bleibt als das übliche Machtgerangel, das ein Ausfluss des gedanklichen Durchsetzens und der damit verbundenen blöden Rechthaberei ist. Die Metaebene bleibt auf der Strecke, immer dann, wenn sie rein gedanklich und damit unbeseelt ist.
Es lohnt sich nicht, sich dem rein Gedanklichen (dem Intellektuellen) verpflichtet zu fühlen, weil Gedankliches, verdichtet beispielweise in Ideologien, kommt und geht. Wie viele Menschen starben im letzten Jahrhundert, sei es auf den Schlachtfeldern von Verdun, auf jenen von Stalingrad oder anderenorts, weil sie dem Gedanklichen verpflichtet waren? Die Wenigsten erkannten, dass das Einzige, was zählt, die Verpflichtung gegenüber seinem inneren Paradies ist, das es zu pflegen gilt, weil es das innere Band zwischen uns Menschen verkörpert, das ein positives Zusammenleben aufgrund eines tieferen Verständnisses ermöglicht. Sobald man sich in rein Gedankliches verstrickt, entfernen wir uns vom inneren Raum, von der Liebe,vom Licht, von Gott,vom Universellen, vom Paradies, vom Herzens-Du, von unseren Mitmenschen generell, von allem, was tatsächlich zählt. Nur im Bewusstsein dieser tieferen Ebene ist erfolgreiches Handeln über das eigene Leben hinaus möglich, auf der rein gedanklichen Ebene allerdings nicht. Dali zeigt das m.E. sehr schön bildlich auf seinem Gemälde "Die Metamorphose des Narziss" Salvador Dali - Metamorphosis Of Narcissus Poster Kunstdruck (70 x 50cm)
Das Internet ist eine Welt des rein Gedanklichen, dessen muss man sich bewusst sein. Hier hat der innere Raum eines jeden Menschen keinen Platz, insofern ist das Internet ein entseelter Raum, in dem das Spiel zu Ende ist, noch bevor es beginnt. Houellebecq hat dies in seinem Roman "Elementarteilchen" sehr gut aufgezeigt.
Goethe spricht von "Stirb und werde". Ich habe Goethes Worte kürzlich bewusst in einer Rezension in anderer Reihenfolge genannt, weil alles scheinbar immer mit "stirb" oder "Das Spiel ist aus" endet, solange wir dem rein Gedanklichen verhaftet bleiben. Folgt man dem Buddhismus gibt es ein erneutes "Werde", solange bis man versteht, dass, wie Rilke es so schön formulierte, nirgends die Welt zu finden sei, als innen.
Sartres "Das Spiel ist aus" ist noch immer lesenswert. Der gleichnamige Film verdeutlicht das, worum es geht, beinahe noch besser. Wenn Pierre unmittelbar vor seinem erneuten Ableben den tieferen Sinn von Rilkes "Nirgends Geliebte wird die Welt sein, als innen", erkannt hätte, hätte er eine Chance seiner gedanklichen Determination zu entgehen.
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