Klaus Tudyka hat mit "Letzte Liebe" einen sehr kurzweilig zu lesenden Text verfasst, der Goethe-Liebhaber entzücken wird. Zur Sprache gebracht werden die Ereignisse, die zu Goethes "Marienbader Elegie" führten. Thematisiert wird Goethes Abschied vom Eros, aufgrund der Tatsache, dass die 17 jährige Ulrike von Levetzow ihm, dem bereits über 70 jährigen, einen Korb gab, als er Himmel und Hölle in Bewegung setzte, um sie zu heiraten.
Goethe war zu seinen Lebzeiten ein Star. Die Frauen lagen ihm zu Füßen. In jungen Jahren war er Charlotte von Stein, die einige Jahre älter als er war, sehr zu getan. Wie kam es später zum Typenwechsel? Wir wissen, dass er auch die wesentlich jüngere Marianne von Willemer sehr mochte und dass Christiane, seine langjährige Bettgefährtin und spätere Ehefrau immerhin 16 Jahre jünger als er war. Jüngere Frauen inspirierten den in die Jahre gekommenen Goethe, werden ihn vergnügt Pfauenräder haben schlagen lassen, die bei gleichaltrigen attraktiven, gebildeten Damen zu spitzzüngigen Bemerkungen geführt hätten.
Es scheint der Liebreiz gewesen zu sein, der ihn bei Ulrike von Levetzow begeisterte. Liebreiz besitzen (ja, ja, es ist so!) stets nur sehr junge Frauen und genau dieser Liebreiz ist es, der Dichter beflügelt, schöne Verse zu schreiben. Trotz aller Allüren, das wird auch im Text deutlich, war Goethe gewiss klar, dass das junge Mädchen nicht mehr als einen lieben älteren Herren, einen charmanten Großvater in ihm sehen konnte.... und dennoch probierte es sein Glück.
"Wie konserviert man Eros?", wird die ewige Frage des alternden Goethes gewesen sein, wie bringe ich Heiterkeit in mein fast abgelebtes Leben? Durch eine junge Frau, die mich vergessen lässt, dass mein Körper bereits den Zenit überschritten hat und mir letztlich nur noch der Geist und mit ihm das Philosophieren bleibt?
Er wollte der Gefährte der jungen Ulrike, hauptsächlich ihr Beschützer sein, wollte ihre Anlagen fördern und diese junge Menschenblüte zu ihrer schönsten Entfaltung bringen, (vgl.: S.32). Ein oberflächlich akzeptable, honorige Rechtfertigung, die man von Bankier Willemer bereits kennt.
Was gebe ich und was kriege ich dafür? Ansehen und finanzielle Freiheit für Jugend. Ein schöner Kuhhandel, bei dem viele Frauen nicht nein sagen und gerne auf den Eros verzichten. Auch vor fast 200 Jahren wird ein junges Mädchen ihre Nächte nicht wirklich im Bett eines Großvaters zubringen haben wollen, selbst wenn der Großvater auf Freiersfüßen Johann Wolfgang von Goethe hieß.
Steht es uns an moralisch zu richten? Ich glaube nicht.
Goethe wird die Absage ohne Schwermut hingenommen haben. Er war ja kein Idiot, sondern ein Dichter, der versuchte, sich als über 70 jähriger als Minnesänger ins Zeug zu legen und sich in der Rolle eine Zeitlang gefiel. Hat er sich zum Affen gemacht? Ich will es nicht beurteilen. Er hat meines Erachtens seinen Abschied von Eros mit dieser Geschichte für seine Fans in bunten Farben zelebriert und ihnen in diesem Zusammenhang die "Marienbader Elegie" geschenkt. Vermutlich saß er am Schreibttisch und schmunzelte.
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