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Rezension:Das Paradies ist anderswo: Roman (Gebundene Ausgabe)

Vargas Llosa hat einen unglaublich facettenreichen Roman verfasst, über zwei außerordentliche Menschen, die im vorletzten Jahrhundert - jeder auf seine Weise - das Paradies auf Erden suchten, bzw. gestalten wollten.

Erzählt werden die Lebensgeschichten zweier unangepasster Personen: zum einen die Vita der Sozialreformerin und Frauenrechtlerin Flora Tristan, zum anderen das Leben ihres Enkelsohnes Paul Gauguin, dessen impressionistische Gemälde erst nach seinem Tode weltweite Anerkennung fanden.


Nach schwerer Kindheit in überaus ärmlichen Verhältnissen und einer fürchterlichen Ehe mit einem gewalttätigen, ihr gewissermaßen aufgezwungenen Mann, flieht Flora Tristan zunächst nach Peru, in das Land ihrer väterlichen, sehr begüterten Herkunftsfamilie. Doch sie findet dort keine wirkliche Ruhe und ist empört, ob der dort vorherrschenden sozialen Mißstände. Flora kehrt zurück nach Frankreich, engagiert sich in der Arbeiterbewegung und kämpft zeitgleich für die Emanzipation der Frau. Sie reist nach London, hält flammende Reden gegen die inhumanen Auswüchse der Früh -Industralisierung, so unter anderem in Paris, Lyon sowie Bordeaux und veröffentlicht 1835 "Weite Reisen einer Paria", 1840 "Spaziergänge in London", 1843 "Arbeiterkampf". Sie rebelliert gegen die Gesellschaft und nimmt die Ideen von Karl Marx vorweg. Als sie im Alter von einundvierzig Jahren an Erschöpfung stirbt, hat diese, sich keineswegs schonende Idealistin das Paradies auf Erden leider nicht gefunden...!


Ihr Enkelsohn Paul Gauguin arbeitet zunächst als Börsenmakler und ist in seinem bürgerlichen Beruf sehr erfolgreich. Er heiratet die Dänin Mette S. Gad. Aus dieser Ehe gehen fünf Kinder hervor. Durch Claude Emile Schuffenberger wird er an die Kunst herangeführt und beginnt zu malen. Sein Leben nimmt nun einen anderen Verlauf. Er trennt sich von Mette, erleidet, nachdem er seinen Brotberuf aufgegeben hat, finanzielle Not, lässt sich aber von seiner Leidenschaft nicht abbringen. Beeinflusst vom Maler Camille Pissarro versucht er Gesetzmäßigkeiten der Farbe analog der Musik aufzustellen. Er zieht sich in die bretonische Landschaft zurück und gelangt dort zu eigenständigen Ausdruckswerten. 1887 reist er mit seinem Freund Laval nach Panama und beginnt auf Martinique breitflächig zu malen. Er kehrt zurück nach Frankreich, trifft in Arles auf van Gogh. Die beiden Maler arbeiten zusammen, schätzen sich und doch kommt es zu Auseinandersetzungen, die dazu führen, dass Gauguin fluchtartig in die Bretagne zurückreist.


1891 geht der Künstler, der jetzt in Paris als Haupt der symbolistischen Schule gefeiert wird, für zwei Jahre nach Tahiti. Dort malt er die Eingeborenen, mit denen er zusammenlebt. Eine Affinität zu sehr jungen Mädchen wird deutlich. Aufgrund finanzieller Schwierigkeiten kehrt er nach Frankreich zurück und stellt seine Gemälde in Paris aus. Er errichtet ein Atelier in der Rue Vercingetorix, lebt mit einer Farbigen zusammen, die sich alsbald von ihm trennt, sein Atelier ausräumt und Gauguin mittellos zurücklässt. Nach der Notversteigerung vieler seiner Gemälde verlässt der Maler seine Heimat für immer. In Punaaia an der Westküste Tahitis nimmt er das Leben wieder auf und schafft Bilder voller Poesie, obwohl es ihm gesundheitlich und finanziell schlecht geht. Wiederholt äußert Gauguin Selbstmordgedanken. Schwierigkeiten mit der Kolonialverwaltung führen dazu, dass er auf die Insel Atuona ausweicht, wo er zwei Jahre später verstirbt. Seine Vorstellung vom Paradies zeigt sich vor allem im Bild "Woher kommen wir? Was sind wir? Wohin gehen wir?". Die fortschreitende französische Kolonisation Polynesiens verändert allerdings schon zu Lebzeiten Gauguins die Authentizität der Eingeborenen. Das Paradies, das der Maler sucht, ist auch in Polynesien nicht zu finden. "Das Paradies", so stellt Gauguin resigniert fest, "ist anderswo!"


Ein hervorragend geschriebener, unendlich farbenprächtiger, spannender Roman, von großem Tiefgang!



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