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Rezension: Das vorläufige Ende der Zeit-Berni Mayer- Dumont



Autor dieses Romans ist der Journalist Berni Mayer. Es ist sein dritter Roman, der bei Dumont erschienen ist. Handlungsort ist ein verlassener jüdischer Friedhof, der zu Frankfurt an der Oder gehört, aber auf polnischem Staatsgebiet liegt. Der Ort heißt übrigens Slubice. 

Vormals sollen dort über tausend Grabsteine auf dem Areal gestanden haben, auf dem vor 1399 die ersten Beerdigungen stattfanden. Im Herbst 1975 soll dieser Friedhof  dann abgetragen worden sein. Er wurde es, weil es sich um deutsche Gräber handelte. Unerheblich dabei war, dass dort die Gebeine von jüdisch gläubigen Deutschen lagen. Wie tief müssen die Verletzungen durch die Deutschen im 2. Weltkrieg bei den Polen nachgewirkt haben, dass sie selbst den Opfern der Nazis die letzte Ruhestätte raubten?

Man erfährt, was sich in den Jahren danach ereignete, was auf dem Gelände pietätlos erbaut und schließlich wieder abgerissen wurde und lernt alsdann die Protagonisten kennen, die auf dem alten Friedhof ihren Tätigkeiten nachgehen.

Mi-Ra , eine Archäologin wurde mit der Aufgabe betraut, mehr über den Ort in Erfahrung zu bringen. Sie lässt nachstehender Gedanke nicht los: " Es ist schon sehr erstaunlich, dass ein Friedhof dieser Größenordnung und Tradition nicht nur einmal in Vergessenheit gerät, sondern gleich dreimal." Neben Mi-Ra lernt man doch den Friedhofswärter Artur kennen und den Verleger Horatio Beeltz, drei Menschen, die im Grunde nichts miteinander gemein zu haben scheinen, außer vielleicht ausgeprägte Intelligenz und Neugierde.  Doch der Schein trügt.

Mi-Ra und Artur sind, wie uns der Autor in seinem Roman verrät, durch bestimmte Ereignisse in ihrem Leben traumatisiert. Insofern werden sie hellhörig als Horatio von einem merkwürdigen Zeitriss auf dem Friedhof berichtet, wonach man mittels Verspeisen diverser besonderer Pilze in der Lage ist, in die Vergangenheit zu gelangen und Entscheidungen, die man einst getroffen hat, dort so zu verändern, dass das Schicksal einen anderen Verlauf nimmt. 

Ist es tatsächlich möglich einen solchen Riss zu finden und die Zeit zu besiegen, oder ist dies eine bloße Fiktion? Würden andere Entscheidungen im Gestern zwingend zu einem anderen Ergebnis führen? Sind es nicht oft die Fehlentscheidungen, die uns reifen und zu den Menschen werden lassen als die wir gedacht sind? 

Ein bemerkenswerter Roman, der die Schwere und die Leichtigkeit des Seins als ein Wechselspiel begreift, das man unberührt zur Kenntnis nehmen sollte. 

Sehr empfehlenswert 

Helga König

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