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Rezension: Die Spionin- Paulo Coelho- Roman. Diogenes

Der Autor dieses Romans ist der Brasilianer #Paulo_Coehlo. Seine Bücher wurden in 81 Sprachen der Welt übersetzt und haben bislang eine Auflage von über 210 Millionen Exemplaren erreicht. Der Romancier hat zudem weltweit die meisten Follower in den sozialen Medien.  

Die Protagonistin des Romans "Die Spionin" ist die niederländische Tänzerin Margaretha Geertruida Zelle (1876-1917), die einst den Künstlernamen Mata Hari trug. Das Leben und Schicksal dieser Tänzerin wurde 1931 bereits erstmals verfilmt. Seither verbindet man Mata Haris Aussehen mit der Schönheit von Greta Garbo, die im damaligen Film die Hauptrolle spielte. Blättert man zunächst in Coehlos Roman, entdeckt man diverse Abbildungen der Künstlerin, die fast ein wenig enttäuschen, weil das geistige Auge diese Fotos ungewollt mit Filmbildern der  göttlichen Garbo vergleicht. 

Was ließ Margaretha Geertruida Zelle, die auf ihrem Hochzeitsfoto als 18 jährige neben ihrem 21 Jahre älteren, glatzköpfigen Ehemann ungemein bieder erscheint, so über sich hinauswachsen, dass halb Europa ihr  später zu Füßen lag? Coehlo beantwortet diese Frage, indem er seine Protagonisten selbst zu Wort kommen und erzählen lässt.

Als Schülerin wird Margaretha vom Direktor der Schule, die sie besuchte, vergewaltigt und begreift den Offizier, der um ihre Hand anhält, zunächst als ihre Rettung. Mit ihm geht sie nach Niederländisch-Ostindien und muss dort ihren krankhaft eifersüchtigen Mann ertragen, der sie sexuell demütigt.

Sie lernt auf Java Ausdruckstänze kennen, die sie später in Europa berühmt machen werden, trennt sich von ihrem Mann und wird Tänzerin für klassisch-orientalischen Tanz. Jetzt lebt sie von Männern, die Gunst und Juwelen als Gegenleistung für Zärtlichkeit und Lust akzeptieren. Doch da hat sie den Zugang zu ihrem Körper schon lange verloren und setzt ihn nur noch gewinnbringend ein. 

Coehlo lässt die Tänzerin sagen: "Fast alle Männer, die ich kennengelernt habe, schenken mir Schmuck, gaben mir einen Platz in der Gesellschaft und nie habe ich bereut, sie kennengelernt zu haben- mit einer Ausnahme: der Direktor meiner Schule in Leiden, der mich vergewaltigte, als ich sechszehn war." Dieser Satz kann als Schlüsselsatz gedeutet werden, um die Persönlichkeit dieser durch die Vergewaltigung entseelten Frau zu begreifen.

Man erlebt Mata Haris Verwandlung hin zur "weiblichsten aller Frauen, deren Körper imstande war, unfassbare Tragödien darzustellen", wie die Presse damals schrieb und lernt ihren Freiheitsdrang zu verstehen, den sie im Tanz auslebte. 

Sie habe nicht Liebe, sondern Freiheit gesucht, weil sie gewusst habe, dass die Liebe komme und gehe, sagt sie nicht grundlos.

Irgendwann ist man Mata Hari in Paris, wo sie ihre Glanzzeiten erlebt, überdrüssig. Sie begibt sich nach Berlin, um dort ihr Glück erneut zu versuchen und wird später angeblich Doppelagentin, um ihr Leben in schwierigen Zeiten finanzieren zu können. 

Nach ihrer Verhaftung bestreitet sie bis zum Schluss die Agententätigkeit, wird aber des Hochverrats angeklagt und schließlich hingerichtet. 

Coehlo zeichnet das Bild einer tapferen Frau, die von sich selbst sagt, dass sie im falschen Jahrhundert geboren worden sei, sie letztlich Opfer einer Justiz war, die sie dafür abstrafte, dass sie frei sein wollte, dass sie mit Männern Sexualbeziehungen eingegangen war, deren Ruf um jeden Preis gewahrt werden musste. Das war nur möglich war, wenn sie von der Bildfläche verschwand. 

Mata Hari wurde, wie so viele Frauen vor und nach ihr, Opfer von Intrigen. Sie war eine Männer-Fantasie und wurde von Männern  genau dafür hingerichtet.

Ob Mata Hari oder Gräfin von Reventlow oder wie sie alle hießen, keine konnte ungestraft frei, vor allem sexuell frei sein in jenen Tagen als Doppelmoral angesagtes Programm war. Was ihnen blieb war, die Konsequenzen für ihren Freiheitsdrang, ohne zu jammern, zu akzeptieren, um auf diese Weise ihren Selbstwert nicht zu verlieren.

Der Text  ist flüssig geschrieben, lässt Poesie bei allem Realismus nicht vermissen und eignet sich in einer Nacht "verschlungen" zu werden.   

Empfehlenswert 

Helga König

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