Eric -Emmanuel Schmitt hat in Paris Philosophie studiert, bevor er in den 1990er Jahren als Autor für Theater, Film und Fernsehen zu arbeiten begann. Die fünf packenden Geschichten regen die Fantasie ganz ungemein an, wobei speziell die erste und letzte Erzählung im Buch es mir besonders angetan haben.
"Die Träumerin von Ostende", eine in die Jahre gekommene Frau, die in einem Rollstuhl ihr Leben in einem Bücherparadies zubringt und sich von Jugend an in diese Bücherwelt vergraben hat, berichtet einem jungen Schriftsteller, der aus Liebeskummer nach Ostende gereist ist und bei ihr im Haus wohnt, von ihrer Jugendliebe.
Ihre Geschichte ist sehr spannend, aber etwas surreal. Bis zum Schluss bleibt unklar, ob die alte Dame die Wahrheit spricht. Wer schon etwas länger auf dieser Welt lebt, hat keine Probleme an dem Wahrheitsgehalt ihres Berichtes zu zweifeln, sofern er Vorurteile und gesellschaftliche Denkverbote außen vorlässt. Alles ist möglich, wenn man dem Leben die Wege zu gehen gestattet, die es für uns vorgesehen hat.
Es führt zu weit, an dieser Stelle alle fünf Erzählungen zu streifen. Allen gemeinsam ist ein gerüttelt Maß an zugrunde liegender Fantasie, die uns veranlasst die Geschichten weiterzuspinnen. Dies gilt besonders für "Die Frau mit dem Blumenstrauß". Seit Jahren wartet sie mit diesem auf einem Bahnhof und alle fragen sich auf wen. Wartet sie etwa auf Godot?
Beckett ging es, so liest man in der 5. Erzählung, darum zu zeigen, dass die Welt absurd sei, dass es keinen Gott gibt und wir falsch daran tun, uns nur irgendetwas von diesem Leben zu versprechen. Beckett sei der Ausputzer, er fege den Himmel und die Erde rein und befördere unsere sämtlichen Hoffnungen in den Müll.
Für Eric-Emmanuel Schmitt stellen sich die Fragen, auf wen die Frau am Bahnsteig wartet und ob dieses Warten richtig oder falsch ist, (vgl.: S.279).
Wenn auch warten nicht immer sinnvoll ist, so doch hoffen, denn dieses Hoffen hält uns am Leben. Das auch zeigt die kleine Erzählung mit philosophischem Tiefgang. Ob Beckett diese Erzählung gefallen hätte?
Die Erzählungen wurden von Inés Kobel in einer wundervollen, süffigen Sprache übersetzt. Das Buch bereit großes Lesevergnügen.