Tilmann Spengler porträtiert in seinem Buch eine Vielzahl interessanter Autoren aus unterschiedlichen Jahrhunderten. Alle sind ohne Frage Glückfälle für die Weltliteratur. Bis auf wenige Ausnahmen habe ich von allen im Buch erörterten Schriftstellern und Dichtern bereits etwas gelesen mit Ausnahme von Cao Xueqin (1715-1763), Lu Xun (1881-1936).
Schön an diesem Buch ist, dass man es immer wieder zur Hand nehmen und auch als Nachschlagewerk nutzen kann. Ich las zunächst den Essay Tilmann Spenglers über Kleist, nicht zuletzt, weil ich mich vor langer Zeit im Studium mit Kleist befasst habe und schließlich vor geraumer Zeit eine Biographie über diesen preußischen Dichter gelesen habe. Kleist hat angeblich aufgrund der Lektüre von Immanuel Kants "Kritik der Urteilskraft" sein Studium nach dem 3. Semester abgebrochen. Das war mir bislang nicht bekannt, wohl aber dass er Rousseau las und dass ihm Gerichtswillkür, Ungerechtigkeit und Unterdrückung zuwider war. Sehr sympathisch. Erwähnt wird u.a., dass Kleist mit der Novelle "Michael Kohlhaas" eine Figur geschaffen hat, die zum Inbegriff für Gerechtigkeitswahn wurde. Spengler skizziert kurz den Handlungsverlauf und macht mich neugierig, die Novelle abermals zu lesen. Ab wann ist es sinnvoll loszulassen? Diese Frage ist auch eine Frage des Zeitgeistes, wie ich meine.
Als ich den Namen Robert Musil lese, erinnere ich mich an ein Musil-Seminar und an die Tatsache irgendwann in den Sommersemesterferien den Roman "Der Mann ohne Eigenschaften" gelesen zu haben. Was ist hängen geblieben? Hat der Roman mich weiter gebracht? Ich vermag es nicht zu sagen. Tief bewegt hat mich allerdings Musils "Die Verwirrungen des Zöglings Törleß". Auch hier gelingt es Spengler, Neugierde auf das Werk zu erwecken. Ich frage mich, ob ein Roman wie dieser zum Mitgefühl erziehen kann? Schön wäre es.
Schiller, Shakespeare und Goethe kommen zur Sprache und ich lese, dass Goethe "ein begnadeter Meister des Aufhebens, des Zusammenfügens scheinbar sperriger Teile, im inhaltlichen und im Formalen war". Das muss man wissen, um ihn zu begreifen in seiner gesamten spielerischen Intelligenz, die die Grundlage seines grandiosen Schaffens darstellte.
Tilmann Spengler porträtiert: Aischylos, Jane Austen, Honoré de Balzac, Samuel Beckett, Heinrich Böll, Berthold Brecht, Lewis Caroll, Joseph Conrad, Federico Garcia Lorca, Johann Wolfgang von Goethe, Wilhelm Grimm, Gerhart Hauptmann, Heinrich Heine, Ernest Hemingway, Heinrich von Kleist, Selma Lagerlöff, Lu Xun, Robert Musil, Vladimir Nabokov, George Orwell, Joseph Roth, Friedrich Schiller, Wilhelm Shakespeare, Laurence Sterne, Tausendundeine Nacht, Anton Tschechow und John Updike.
Sehr gut gelungen ist das Heine-Porträt, doch im Augenblick steht mir der Sinn nicht nach Heine, sondern eher nach Shakespeare. Weshalb? Weil ich an eines seiner Sonette denken muss, in dem ich mich in diesem Moment wiederfinde. Es ist diese Wortmagie. Was Spengler schreibt, ist richtig "Shakespeare hat die Gabe, Wendungen, Bilder, Vergleiche, direkt aus dem Himmel in das Herz seines Zuhörers leiten zu können. Und er hat auch das wahre, poetische Gefühl für die lebenswichtige Bedeutung des Unsinns." (S.186)
Ein gelungenes Buch. Ich empfehle es gerne.
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