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Rezension Peter J. König: Der kleine Prinz - Originalübersetzung von Grete und Josef Leitgeb -Antoine de Saint-Exupéry

Kaum ein Büchlein ist so oft gelesen worden wie "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry, dem begeisterten Piloten, Autor und Menschenfreund, der hier versucht hat tiefgründige philosophische Weisheiten in Form von phantastischen Erzählungen allen Kindern und Jung-gebliebenen zu vermitteln. 

Geboren wurde Saint-Exupéry am 29. Juni 1900 in Frankreich. Früh hat er seinen Vater verloren. Fortan waren seine Mutter Marie und seine vier Geschwister seine engsten Anverwandten. Die Fliegerei, damals noch ganz in den Anfängen, sollte ihn zeitlebens in den Bann ziehen. So leistete er in einem Fliegerregiment seinen Wehrdienst, um anschließend 1926 als Pilot die Linie Toulouse-Casablanca zu befliegen. Schon zwei Jahre später wurde er Direktor der Luftpost von Buenos Aires, anschließend wieder Versuchsflieger. 

Zu diesem Zeitpunkt begann Antoine de Saint-Exupéry mit seinen beiden ersten schriftstellerischen Werken: "Südkurier" und  "Nachtflug". Im Jahre 1935 überlebte er den Absturz in der ägyptischen Wüste. Während er auf Rettung wartete, kamen ihm die Inspirationen zu seinem weltbekannten Werk "Der kleine Prinz". Seine Erlebnisse selbst fanden ihren Niederschlag in seinem Buch: "Wind, Sand und Sterne". Im Zweiten Weltkrieg emigrierte Saint-Exupéry in die USA, wo sowohl "Der kleine Prinz" entstand, als auch die Werke "Flug nach Arras" und "Bekenntnis einer Freundschaft", ein als Buch veröffentlichter Brief an seinen Freund Léon Werth. 

Nachdem die Alliierten 1942 in Algerien gelandet waren, trat Antoine de Saint-Exupéry in die französische Armee ein, um am 31. Juli 1944 von Korsika aus zu einem Aufklärungsflug über das westliche Mittelmeer zu starten, einem Flug vom dem der begeisterte Flieger und Autor nicht mehr zurückkommen sollte. Jahrzehnte-lang war nicht klar, ob Saint-Exupery durch Feindberührung oder durch einen technischen Defekt abgestürzt und verschollen war. Neueste Recherchen haben ergeben, dass der Dichter auf der Höhe von Marseille auf ein deutsches Jagdgeschwader traf und durch den Abschuss dort den Tod fand. 

Die Geschichte des Buches "Der kleine Prinz" nimmt seinen Ursprung aus den Erfahrungen die Saint-Exupéry bei seiner Bruchlandung in der ägyptischen Wüste gemacht hatte. Hier beginnt seine Geschichte und hier trifft er unter dem klaren Sternenhimmel den kleinen Prinz, der sich auf der Suche nach einem Schaf von seinem winzigen Planet entfernt hatte, um überall im Universum danach Ausschau zu halten. Dabei war der kleine Prinz in der Wüste gelandet, just dort wo der Flieger zur Notlandung gezwungen war. Fortan entwickelte sich eine Freundschaft zwischen dem ungleichen Paar, in deren Verlauf sie ihre Erfahrungen austauschten und bei philosophischen Betrachtungen über den Sinn alles Seins zu reflektieren begannen. 

Am Ende kehrt der kleine Prinz voller Wehmut auf seinen Sternen-Planeten zurück, während der Flieger mit seiner Maschine in die irdische Realität zurückkehrt. Obwohl Antoine de Saint-Exupéry ursprünglich eine Geschichte für Kinder schreiben wollte, um ihnen an Hand von Fabel-Geschichten Aufklärung darüber zu geben, was im Leben wirklich wichtig ist, Gut von Böse zu unterscheiden oder auf die Sinnlosigkeit des Handelns von Erwachsenen hinzuweisen, ist es dem Autor in wunderbarer Weise gelungen, die Herzen aller Menschen zu berühren, auch der Erwachsenen, wenn sie nur guten Willens sind. Einfacher, anschaulicher und direkter kann man nicht den Sinn des Lebens erklären, wobei die Unschuld der Kinder einen ungemein direkten Zugang zulässt, während das Erwachsensein vielfach die Erkenntnisse vernebeln. 

So ist es Saint-Exupéry fabelhaft gelungen auf direkte Art einen philosophischen Kreis zu schließen, der immer wieder daran erinnert, was Menschsein eigentlich wirklich bedeutet: ein großes Ganzes, ein liebevolles, rücksichtvolles Miteinander, weit weg von Gier, Hass und Gewalt. 

Erwähnenswert sind unbedingt die anrührenden Zeichnungen, die der Autor als hilfreiche Erläuterungen zum Text skizziert hat. Erwähnenswert aber auch ist die innige Widmung, die Antoine de Saint-Exupéry seinem besten Freund, dem in Frankreich lebenden Léon Werth zugedacht hat, der unter den damaligen Kriegsbedingungen und der Besetzung Frankreichs durch die Deutschen sehr zu leiden hatte. Ihm gab er ausnahmsweise den Vorzug, denn zu besseren Zeiten hätte er allemal den kleinen Prinz allen Kindern dieser Welt gewidmet.

Sehr empfehlenswert 

Peter J. König

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Rezension: #Terror #Ferdinand_ von_Schirach- #Piper

Der Autor dieses zum Nachdenken einladenden Theaterstücks ist der Erzähler Ferdinand von Schirach. Es handelt sich um ein Gerichtsdrama, das die Leser dazu veranlasst, über #Grundwerte in unserer Gesellschaft sowie den Sinn und die Notwendigkeit von Entscheidungen zu reflektieren.

Der Autor verfasste das Theaterstück bereits vor dem Anschlag auf die Zeitschrift "#Charlie_Hebdo".

Gegenstand der Verhandlung ist die Tat eines Kampfpiloten, der sich vor Gericht dafür verantworten soll, dass er ein Passagierflugzeug der Lufthansa gegen die Anweisung seines Vorgesetzten abgeschossen hat. Alle 164 Passagiere sind dabei ums Leben gekommen. 

Der durchaus verantwortungsbewusste Kampfpilot, der zu seiner Tat steht, wollte durch sein Handeln das Leben von 70 000 Zuschauern eines Fußballspiels retten. Er sah darin die einzige Chance, den Terroristen, der sich in der Lufthansa-Maschine befand,  daran zu hindern,  seinen Terrorakt in die Tat umzusetzen und wartete bis zum letzten Moment. Dann erst handelte er, weil sein Vorgesetzter offenbar die Verantwortung scheute, den Tod von 140 Menschen unrechtmäßig in Kauf zu nehmen.

Die 70 000 Menschen, die es zu retten galt, hatte man übrigens nicht rechtzeitig aus dem Stadion evakuiert, obschon genügend Zeit dazu vorhanden gewesen wäre. Hierin ist meines Erachtens das eigentliche Problem zu sehen. 

Ferdinand von Schirach zeigt auf, was für und gegen die Verurteilung des Kampfpiloten spricht und lässt diese Gründe auf Zuschauer und Leser des Theaterstücks wirken. Es geht u.a. um die Würde des Menschen als unveräußerliches Recht. Hierbei handelt es sich um die wichtigste Aussage der Verfassung. Dieser Artikel darf nicht geändert werden, solange unser Grundgesetz Bestand hat. Das Bundesverfassungsgericht sagt, ein Mensch dürfe niemals zum bloßen Objekt staatlichen Handelns werden, denn dann habe man ihm seine Würde entzogen. Genau das aber wäre der Fall, wenn man den Kampfpiloten von seiner Schuld freisprechen und keine Entschuldigungsgründe  anführen würde.

Ein übergesetzlicher Notstand, der weder im Strafgesetzbuch oder in anderen Gesetzen geregelt ist, wird in der Folge als Möglichkeit angeführt. Das ist aber keine überzeugende Argumentationgrundlage, wenn das Grundgesetz unbeschadet bleiben soll.

Können 140 Menschen für das Leben von 70 000 Tausend Menschen geopfert werden, wenn keine andere Chance besteht? Setzt man dadurch unsere Verfassung außer Kraft? Spielt dies am Ende eventuell  überhaupt keine Rolle, wenn es  um solche Abwägungen geht?

Wie sehr darf man sich von Terroristen provozieren lassen, die mit ihren Handlungen die Grundwerte unserer Demokratie auf niederträchtige Weise in Frage stellen? Hilft eine umsichtige Prävention, solche Situationen, wie im Fall dargestellt, grundsätzlich zu vermeiden? Offenbar schon, wie jüngst in Hannover bei dem kurzfristig abgesagten Fußballspiel gezeigt wurde.

In der Rede, die von Schirach zur Verleihung des M 100-Sanssouci Medien Preises an Charlie Hebdo hielt, sagt er, dass nach seiner Meinung die aufgeklärte Demokratie auch Terroristen, auch Menschen, die unsere Gesellschaft zerstören wollen, nur mit den Mitteln des Rechts begegnen dürfe, denn dadurch erweise sich die Wehr- und Wahrhaftigkeit unseres Rechtsstaates . 

Im Zweifel für die Freiheit oder doch eher für die Sicherheit? H`m? Im Zweifel für die Prävention und gegen Schlamperei  zuständiger Behörden.

Sehr empfehlenswert 

Helga König

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zu Piper und können das Buch dort bestellen. Sie können es aber auch bei Ihrem Buchhändler um die Ecke ordern. http://www.piper.de/buecher/terror-isbn-978-3-492-05696-0

Rezension: #Anton_Cechov: Späte #Erzählungen in zwei Bänden 1893-1903- #Diogenes

Autor der vorliegenden Erzählungen ist der russische Arzt und Schriftsteller Anton Cechov (29.1.1860- 15.7.1904).  Der berühmte Literat erkrankte 1898 an Tuberkulose und hielt sich fortan in Südrussland  sowie in westeuropäischen Kurorten auf. Seine schriftstellerische Vita zeichnet sich durch knapp gehaltene Erzählungen aus. 

Wie man den beiden Erzählbänden entnehmen kann, hat Cechov auch in reiferen Jahren seinen Sinn für Humor nicht verloren, wobei er nun aber anstelle der direkten Komik und Satire seiner jungen Jahre  eine zum Teil heitere  gleichwohl auch melancholische Ironie einbringt, die die tragischen Momente menschlichen Zusammen- und Alleinseins reflektiert. 

Die Bücher enthalten insgesamt 32 Erzählungen und 4 Fragmente. Unter den Texten findet man u.a. die Erzählungen "Die Dame mit dem Hündchen", "Der schwarze Mönch", "Über die Liebe", Die Braut" und „Rotschilds Geige“. 

Zu jedem Werk kann man im Anhang mehr über die  Publikationsgeschichte, die Entstehung, über Selbstaussagen und Reaktionen als auch Stellenkommentare in Erfahrung bringen. 

Nicht zu vergessen, die  hübschen Vignetten der beiden Einbände stammen von Tomi Ungerer. Natürlich ist es nicht möglich,  nun im Rahmen der Rezension auf die 32 Erzählungen konkret einzugehen, obschon mich speziell eine Interpretation des Textes  "Die Dame mit dem Hündchen" sehr reizen würde. 

Interessant ist es generell mittels der Erzählungen über die damalige, russische Gesellschaft, über den sich auflösenden Gutsadel, das neu entstandene Kleinbürgertum sowie die Intellektuellen Wissenswertes  in Erfahrung zu bringen und in diesem Zusammenhang über zwischenmenschliches Verhalten und soziale Missstände   in der damaligen Zeit  unterrichtet zu werden. 

Cechov knüpft an den Realismus an, gleichwohl aber sind seine feinsinnigen Darstellungen und die Interpretation seelischer Zustände und Stimmungen auch dem europäischen Impressionismus und Symbolismus verbunden. 

Zwei Zitate aus "Die Dame mit dem Hündchen" möchte ich zum Schluss hier einbinden, um zu zeigen, dass  bereits zwei Sätze genügen, um neugierig auf diese Bücher zu  machen

"Und erst jetzt, als sein Haar grau wurde, liebte er, wie es sich gehört, liebte wahrhaftig- zum ersten Mal im Leben." 

"und beiden war klar, dass es bis zum Ende noch sehr-sehr weit war und dass das Komplizierteste und Schwierigste eben erst begonnen hatte"

Sehr empfehlenswert

Helga König

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum diogenes-Verlag und können die beiden Bücher bestellen. Sie können Sie aber auch direkt bei Ihrem Buchhändler um die Ecke ordern.http://www.diogenes.de/leser/katalog/nach_autoren/a-z/c/9783257069402/buch

Rezension: ROH- Sex, Lügen& Rohkost- Der Roman-#Angelika_Fischer- HEIN-VERLAG

Autorin des vorliegenden Romanes ist #Angelika_Fischer. Sie hat bereits das Sachbuch "Das große Rohkost-Buch" publiziert. Die passionierte #Rohköstlerin betreibt die AllesRoh-Website und ein praxisorientiertes Forum für Rohköstler sowie Interessierte. Für den Roman hat sie 12 Jahre recherchiert und Erfahrungen, aber auch Wünsche und Träume aus der Rohköstlerszene in die Handlung gekonnt verwoben.

Im Vorwort schreibt #Johanna_Eberl, nach einem kleinen philosophischen Exkurs, der in die Antike führt, dass Gesundheit in der heutigen Überflussgesellschaft zur Mangelware geworden und das Verhältnis des modernen Menschen zu seiner Nahrung in mehrfacher Hinsicht gestört als auch polarisiert sei zwischen #Diätwahn und #Fresssucht. 

Dabei ließen sich #Zivilisationskrankheiten zumeist auf ungesunde Ernährungsgewohnheiten zurückführen. Nicht nur die gesunde Ernährung sei gekippt, darüber hinaus sei das traditionelle Familienmodell in Frage gestellt. Partner-Börsen, Clubs und Seminare dienten heute dazu, die große Liebe zu finden, während andere ihre Zeit mit One-Night-Stands und Gelegenheitspartnern zubrächten. Trotz dieser Gegebenheiten bliebe jedoch die Frage nach der richtigen Ernährung und der wahren Liebe von größter Aktualität. 

Johanna Eberl fasst in ihrer kurzen Darstellung die wichtigsten Gedanken des Romans zusammen, in welchem die Protagonistin Veronika vielerlei Erfahrungen sammelt, sowohl real als auch virtuell. 

Zu Romanbeginn leidet Veronika an #Asthma und #Neurodermitis, zudem ist sie mit ihrer Figur nicht einverstanden. 

Die Hautkrankheit Neurodermitis hat in den vergangenen Jahren in der westlichen Welt stark zugenommen. Asthma und Neurodermitis scheinen nicht zuletzt Folgen veränderter kultureller und zivilisatorischer Umstände zu sein, ganz ähnlich wie Übergewicht. Veränderte Umweltbedingungen und denaturierte Ernährung sind diesbezüglich in den Fokus geraten. Aus diesem Grund auch stellt Veronika ihre Ernährung um und isst fortan nur noch Rohkost. 

Die junge Frau lebt in vieler Hinsicht die Klischees ihrer Zeit aus, besucht einen Salsa-Kurs, chattet auf einer #Rohkostplattform und lernt eine Vielzahl typischer Menschen der von ihr beschrieben Szene kennen. Über diese Kontakte liest man im Buch Spannendes aber auch viel Schräges und darf über all das staunen, was einem bis dahin als Nichtrohköstler fremd war. 

Auf einzelne Personen hier näher einzugehen, würde vermutlich eher verwirren als zur Erhellung der Gesamthandlung beitragen, die Veronika letztlich sogar nach Paris in ein Schloss führt…

Mehr darf nicht verraten werden, außer dass kein spröder, sondern vielmehr ein hintergründig witziger Text dem Leser eine ungewohnten Lesegenuss schenken wird. 

"Sex, Lügen und Rohkost" sind die Mixtur dieses inhaltlich äußerst ungewöhnlichen Romans, in dem viel Zeitgeist verarbeitet worden ist, man Menschen auf der Suche erlebt, die in mancher Hinsicht entwurzelt scheinen. 

Nach "Sex and drugs and rock and roll / is all my brain and body need / sex and drugs and rock and roll / is very good indeed.", einer Geisteshaltung der späten 1970er Jahre und "Sex and the City" einem  Thema  zwei Jahrzehnte danach, jetzt "Sex, Lügen und Rohkost", mit dem nun zumindest "Alles, was sie über Sex wissen wollten" seinen Abschluss gefunden hat. 

Hedonismus war gestern, heute ist Rohkost das Gebot der Stunde. Die Presse der letzten Tage stimmt dabei mehr als nachdenklich. Verarbeitete Wurstwaren erhöhen das Krebsrisiko, liest man in den Medien ja nicht erst seit gestern, doch nun teilt die Weltgesundheitsorganisation WHO aufgrund einer Studie mit, dass Wurst und Schinken als krebserregend eingestuft werden müssen. 

Jene, die ungekochte Speisen zu sich nehmen, führen dem Körper "heile" Stoffe, so etwa Sekundärpflanzenstoffe, Vitamine, Enzyme, unraffinierte Fette  sowie Kohlenhydrate und nicht denaturierte Proteine bzw. Aminosäuren zu und fördern damit seine körperliche Gesundheit. 

Wie sich  ein solch veränderte Ernährung auf Seele und Geist auswirkt, macht neugierig und ist ein Grund mehr, es einfach mal auszuprobieren. Der Roman dient als Einführung in ein neues Lebensgefühl.

Sehr empfehlenswert. 

Rezension: #Frauen.Geschichten #Andreas_Altmann-#Piper

Der Autor des vorliegenden Buches, das mich an eine Endlosbeichte erinnert, die den Leser zu einem katholischen Geistlichen im Beichtstuhl mutieren lässt, der zu Absolutionshandlungen genötigt wird, ist der überaus renommierte Schriftsteller Andreas Altmann, der u.a. mit dem #Egon_Erwin_Kisch_Preis, dem #Seume_Literaturpreis und dem #Reisebuch_Preis ausgezeichnet ist.

Altmanns #Frauen.Geschichten machen deutlich, dass er ein #Casanova ist. Ähnlich wie einst der große Venezianer auf Schloss Dux ist Altmann mittlerweile nicht mehr der Jüngste. Erinnerungen wollen nun zu Papier gebracht werden, allerdings ist er vielleicht noch zu jung, um ein endgültiges Fazit zu  ziehen.

Im Gegensatz zu Casanova war der aus Bayern stammende Frauengeschichten-Erzähler nicht in den Bleikammern Venedigs eingekerkert, sondern wuchs im Dunstkreis von Weihrauch in #Altötting als Kind eines #Devotionalienhändlers auf. Das Gefühl der Einengung mag allerdings ähnlich auf den dann folgenden Lebenshunger gewirkt haben. 

Die Memoiren, eine Art Autobiografie mit Schwerpunkt Frauengeschichten, siedeln den eloquenten und dabei leicht spöttischen Waage-Mann in der Nähe von Goethe an, der wie Altmann in jungen Jahren offenbar gewisse sexuelle Probleme hatte, die seine Entwicklung prägten. 

Ob sich aus dieser Problematik oder aus seiner Mutterbeziehung oder aus etwas Drittem heraus seine Affinität für Frauen entwickelt hat, ist letztlich unerheblich. Erfreulich ist, dass  es sie gibt und dass er nun eine über 300 Seiten umfassende, streckenweise poetische Liebeserklärung geschrieben hat, die der Frau als Faszinosum in allen Frauen gilt. 

Hesses "Goldmund" fiel mir ein als ich das Buch las, doch ist Altmann letztlich nicht wie er. In ihm ist auch viel "Narziss". 

Dieser bekennende Frauenmann kennt Treue offenbar  nur sich selbst gegenüber, er liebt Frauen und lehnt Männer ab, die diese erniedrigen, beleidigen, entwerten. Er will Ritter sein und ist es auf seine Weise stets. Gewalt gegen Frauen ist sein Ding nicht. Er möchte geliebt werden, um selbst lieben zu dürfen und er möchte vor allem frei sein.

Einen Lolita-Komplex hat er  auch nicht, wie er sich selbst analysiert. Stattdessen sind ihm “gesetzte Herren, die nach Nymphen Ausschau halten und närrisch nach deren Pfeife tanzen ein Gräuel.“ 

Ihn beruhigen starke Frauen, weil sie ihn nicht an seine Mutter erinnern, deren Schwäche ihn krank machte vor Wut. 

Altmanns spannend zu lesendes Buch ist, das sei nochmals gesagt, eine Liebeserklärung an fast alle Frauen. Sein Casanovatum vergibt man ihm sofort. Ihn als "Pascha" zu bezeichnen, wie eine Frauenzeitschrift es tat, halte ich für aberwitzig. 

Als Buße für seine Beichte muss Andreas Altmann noch 10 weitere Bücher schreiben. Das kommt davon, wenn man seine Leser zu Beichtvätern bzw. –müttern umfunktioniert. 

Sehr empfehlenswert 

Helga König

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zu Piper und können das Buch dort bestellen. Sie können es aber auch direkt bei Ihrem Buchhändler um die Ecke ordernhttp://www.piper.de/buecher/frauengeschichten-isbn-978-3-492-05588-8

Rezension: Interventionen- Michel Houllebecq- Essays Dumont

Michel Houellebecq zählt zu den wichtigsten Autoren der Gegenwart. Dieser brillante, französische Schriftsteller wurde mit dem renommiertesten Literaturpreis seines Heimatlandes, dem Prix Goncourt, ausgezeichnet.

Seine Texte schätze ich sehr, weil sie stets bemerkenswert analytisch und sozialkritisch angelegt sind.

Das vorliegende Buch enthält 28 Essays, die von Hella Faust aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt wurden.

In seinen Essays analysiert er die sozialen und kulturellen Missstände im Hier und Jetzt auf vielschichtige Weise.

Das Kompendium verbindet die Einzelbände "Die Welt als Supermarkt. Interventionen" und "Ich habe einen Traum. Neue Interventionen". 

Sein Essay "Die Feier" beginnt mit nachstehenden Worten "Das Ziel der Feier ist es, uns vergessen zu machen, dass wir einsam, elend und dem Tode geweiht sind. Anders gesagt, es ist das Ziel der Feier, uns in Tiere zu verwandeln. Deshalb hat der Primitive ein hoch entwickeltes Gespür fürs Feiern."

Wenig später fragt Houellebecq hintersinnig:"Was rechtfertigt es im Grunde, miteinander vereint zu sein`?

Dann beginnt seine Analyse, wie immer beinhart und endet in dem Resümee, dass mit zunehmendem Alter die Verpflichtung zu feiern abnehme, der Hang zur Einsamkeit sich hingegen vermehre, weil das wirkliche Leben wieder die Oberhand gewönne.

Es ist diese Tristesse, die es unmöglich macht, Houellebecq als Sommerlektüre zu preisen. Sie  haftet an ihm wie eine zweite Haut.

Lese ich Sätze wie "Die Welt als Supermarkt und Hohn" zucken mir die Mundwinkel und ziehen sich bedenklich nach unten, wenn ich  mit dem Satz "Die Frage der Pädophilie" konfrontiert werde. Wieso schafft es Houellebecq immer wieder,  einen  in seine düstere Stimmung zu locken, die keiner braucht und keiner will?

Ganz einfach, weil er unglaublich gut schreiben kann, weil er nachdenkt wie kaum ein anderer, weil er den Schatten stets  kühn betrachtet und analysierend auseinander nimmt, kurzum, weil er hinreißend intellektuell ist..

Ein gutes Buch, das man immer wieder gerne zur Hand nimmt.

Empfehlenswert.

Helga König

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie zum Dumont-Verlag und können das Buch bestellen. http://www.dumont-buchverlag.de/buch/Michel_Houellebecq_Interventionen/15312. Sie können es aber auch direkt beim Buchhändler um die Ecke ordern.

Rezension: Sternenreiter- Kleine Sterne leuchten ewig- Jando-KoRos Nord

Diese bezaubernde Geschichte für junge und im Herzen jung gebliebene Menschen des Autors Jando wurde bereits 30. 000 Mal verkauft und auch in die koreanische Sprache übersetzt. 

Hinter dem Pseudonym "Jando" verbirgt sich der norddeutsche Autor Jens Koch, der gerade auf "Buch, Kultur und Lifestyle" am Interviewprojekt "Wann ist eine Kindheit kindgerecht?" teilgenommen hat.

Ehrenamtlich engagiert der Autor sich für die Kinderhilfsorganisation "Ein Herz für Kinder" und unterstützt die Robben-Kampagne der Tierrechtsorganisation PETA. 

Der "Sternenreiter" wird bald verfilmt. Ein Filmproduktionsunternehmen hat sich  bereits die  Rechte dazu gesichert.  Jando wirkt am Drehbuch mit und verleiht ihm insofern eine persönliche Signatur. 

Als ich den "Sternenreiter" las, dachte ich natürlich sofort an das Buch "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry. Dies ist Jandos lebensklugen Gedanken geschuldet, die in die Geschichte eingebunden sind, aber auch der textlichen Atmosphäre, die diese Geschichte märchenhaft gestaltet. 

Die fünfzehn farbigen Illustrationen von Antjeca entführen ähnlich wie die Zeichnungen bei Saint-Exupéry in Traumwelten. 

Ich werde mich hüten, den Inhalt der Geschichte hier verkürzt wieder zu geben, in der der Ich-Erzähler Mat durch die Gespräche mit einem kleinen totkranken Jungen lernt, die tatsächlich wichtigen Werte und seine Träume endlich zu leben, nachdem er, bedingt durch einen schweren Verkehrsunfall und einen langen Aufenthalt im Krankenhaus, vom Schicksal eine Auszeit verordnet bekam. 

Hervorheben möchte ich, dass der Text nicht nur inhaltlich sondern auch stilistisch sehr reizvoll ist und man sich immer wieder über die Eleganz und Klugheit des Autors freut. Vielleicht muss man lange genug aufs Meer geblickt haben, um so schreiben zu können. Vermittelt wird geistige Weite pur.

Jando ist ein Botschafter der Liebe. Insofern wundert es nicht, dass er sein Buch mit einer essentiellen Liebes-Botschaft beginnt, die ich hier wiedergeben möchte:

Der wertvollste Samen, 
der in die Erde eingesetzt wird, 
ist die Liebe. 
Sie wächst überall dort, 
wo sie gesät wird. 

Oft sind es ja Schicksalsschläge, die den Menschen dazu veranlassen, innezuhalten, darüber nachzudenken und zu hinterfragen, wie weit man sich bei all seinem agilen Tun von sich und seinen Mitmenschen bereits entfernte? 

Hat man sich je erlaubt, seine Träume zu leben? Was haben der Alltag und das Erfolgsstreben aus uns gemacht? Nicht allen begegnet sofort eine Lichtgestalt, die dabei hilft, innerlich gesund zu werden, aber wenn man sich öffnet, dann geschehen zumeist Dinge, die uns zu unserem höheren Selbst führen und dabei helfen, liebevollen Zugang zu anderen zu finden. Das ist keine Fiktion. Das ist Realität.

Wunderbar und so wahr sind Sätze wie "Manche Wege, die wir wählen, benötigen Zeit. Es ist wie bei den Äpfeln: Sie fallen erst vom Baum, wenn sie reif sind“. (S.84) 

Zu diesem Satz fallen mir Hunderte von  Beispiele ein, die ihn bestätigen. Geduld ist gefragt, Engelsgeduld. Das ist nicht immer einfach.

Auf Seite 103 dann wird man mit einer Kernwahrheit des Lebens konfrontiert: 

"Wenn du anfängst dich selbst zu achten, zu lieben und zu akzeptieren, erschließen sich Dir neue Wege. Du wirst merken, wie dir neue Anerkennung und Liebe begegnen wird.“ 

Dieser Satz ist nicht nur der Schlüssel zum Buch, sondern zu einem erfüllten Leben überhaupt.

Eine wunderbare Geschichte,  sehr lehrreich und das Herz berührend.

Sehr empfehlenswert 

Helga König

Hier der Link zur Website:http://jandoautor.com/

Das Buch ist überall im Fachhandel erhältlich.

Rezension Peter J. König: "Zeig dich Mörder"- Louis Begley- Suhrkamp

Louis Begley hat in seinem neuen Roman "Zeig dich Mörder", erschienen im Suhrkamp Verlag, mit eindrucksvollem Insiderwissen und messerscharfer Analyse die Geschichte von Jack Dana erzählt, der als Spross einer Upperclass East-Coast Familie mit dem Selbstmord seines geliebten Onkels konfrontiert wird. 

Dieser, ein angesehener Anwalt in einer sehr renommierten Kanzlei in Manhattan, war nach dem frühen Tod von Danas Eltern, alleinstehend, die einzige Bezugsperson, die dem jungen Jack Halt und Orientierung, aber auch familiäre Liebe gegeben hat. Mit seiner abgeklärten Art, seiner klaren Haltung und seinem kulturellen Savoir-Vivre war er stets das Vorbild und der Gesprächspartner für den jungen Yale-Absolventen. Jedoch anders als sein Onkel ist er dem Vorbild seines Vaters gefolgt und hat anschließend sich freiwillig zu einer Ausbildung bei den Marines entschieden, einer der härtesten Elite-Truppen die das amerikanische Militär kennt. 

Als solcher erlebte er sowohl den Krieg in Afghanistan als auch im Irak, als er im Rang eines Captains, schwer verwundet, nach seinem Aufenthalt im Militärhospital den Dienst quittiert hat. Zurück in New York und damit wieder in der Nähe seines Onkels, begann er einen ersten Roman über seine Kriegserlebnisse zu verfassen. Dass dieser auf Anhieb überaus erfolgreich bei den Lesern ankam, hatte er sich auch nicht träumen lassen. Ebenso wenig hatte er vermutet, dass eine junge Anwaltskollegin, die seinem Onkel assistierte sehr bald nach seiner Rückkehr nach Manhattan eine feste Liebesbeziehung mit ihm eingehen sollte. Nach seinem ersten Roman folgte ein zweiter, ebenso erfolgreich. Dass Hollywood ihn auch noch verfilmt hat, ließ ihn zu einem vermögenden Mann werden. 

Nach einer Reise in den brasilianischen Mato Grosso, ein Mandant seines Onkels besaß dort eine große Rinderfarm, bestens geeignet um fernab der Welt sein drittes Buch zu schreiben, wurde er bei der Rückkehr von der Nachricht überrascht, dass sein geliebter Onkel sich in seinem Ferienhaus auf Long Island erhängt haben soll. Zudem war seine langjährige Sekretärin einen Tag später vor die U-Bahn gestürzt und dabei ebenfalls ums Leben gekommen. Niemals hätte sein Onkel, ohne ihn zuvor noch einmal gesehen zu haben, einen solchen Freitod gewählt, da war sich Jack Dana sicher, zumal er zuvor noch seinem über alles geliebten Siam-Kater den Hals umgedreht haben soll. Niemals, niemals.

Louis Begley gilt heute als einer der besten amerikanischen Schriftsteller der Gegenwart. Geboren 1933 in Polen flohen seine Eltern mit ihm vor den Nazis in die USA. Bis 2004 war er dort in New York als überaus erfolgreicher Anwalt tätig, bevor er seine Karriere als Schriftsteller begann. Seine Bücher sind in 18 Sprachen übersetzt worden, seine Auszeichnungen sind vielfältig. Immer wieder hat sich Bagley mit gesellschaftlichen Verwerfungen befasst und dabei die Probleme und Abgründe der darin verstrickten Menschen in seinen Romanen thematisiert. Dabei ist es ihm gelungen,  sehr exakt die Psychologie der handelnden Personen zu beschreiben, um dann daraus Handlungsmuster zu entwickeln. 

Um dem Ganzen den besonders authentischen Rahmen zu geben, bettet er die Handlungsstränge in reale Ereignisse ein, oftmals verknüpft mit dem passenden geschichtlichen Hintergrund. Dabei bleiben seine Romane doch auch immer zeitnah und bewegen sich in realistischen Szenerien, die der Autor aus eigenem Erleben bestens kennt. Deshalb sind seine Romane kurzweilig und spannend, aber niemals flach. Zudem wird man mit Fragen von tiefem ethischen Hintergrund konfrontiert, deren Beantwortung der Protagonist in allen Romanen allein dem Leser überlässt. Alles zusammen macht die Faszination von Louis Begley aus, so auch in seinem aktuellen Werk: "Zeig dich Mörder". 

Sehr empfehlenswert

 Peter J. König

Bitte klicken Sie auf den Link, dann gelangen Sie  zum Suhrkampverlag und können das Buch bestellen. Sie können das Buch aber auch direkt bei Ihrem Buchhändler um die Ecke ordern. http://www.suhrkamp.de/buecher/zeig_dich_moerder-louis_begley_42466.html

Rezension: Literaturland Hessen- Das Lesebuch- Heiner Boehncke/ Hans Sarkowicz

Vor einigen Tagen habe ich "Literaturland Hessen- Literarische Streifzüge durch die Mitte Deutschlands" rezensiert. Die Autoren Heiner Boehncke und Hans Sarkowicz  haben zu dem wunderbaren Buch noch ein begleitendes Lesebuch auf den Weg gebracht und die  ausgewählten Texte  in 10 Kapitel eingebunden.

Bei den Kapiteln handelt es sich um folgende:

-Literaturstadt Frankfurt
-Mit Goethe durch Hessen
-Von Residenz zu Residenz
-Grimm-Heimat Hessen
-Von den Minnesängern bis Grimmelshausen
-Kreuz und Quer durch Hessens Mitte
-Große Welt reist ins Bad
-Auf den Spuren der Romantiker
-Georg Büchner und der Vormärz in Hessen
-Ein rechtes Paradies. Hessens sonniger Süden

Viele bekannte und weniger bekannte Autoren und Auszüge aus deren Werken lernt man hier kennen. Da die Texte nicht sehr lang sind, eignen sie sich als Bettlektüre. Abend für Abend freut man sich auf einen neuen Text, da diese inhaltlich höchst verschiedene Themen aufgreifen, nicht nur deswegen, weil die Autoren in unterschiedlichen Jahrhunderten lebten, sondern auch  weil sie bemerkenswert unterschiedliche Interessen hatten.

Den jeweiligen Textauszügen sind erläuternde Gedanken vorangestellt, die die Einordnung erleichtern. Ich erwähnte in meiner Rezension "Literaturland Hessen- Literarische Streifzüge durch die Mitte Deutschlands" Bertha Pappenheim. Sie ging als "Anna O." in die Geschichte der Psychoanalyse ein. Von ihrer Erzählung "Die Erbschaft" wusste ich bis dato ebenso wenig wie von ihrem "Heim des Jüdischen Frauenbunds", das in der Pogromnacht 1938 teilweise zerstört wurde.

"Das Frankfurt-Buch- Achtzig Textbaustein" von Eva Demski hat mir sehr gut gefallen. So kann nur schreiben, wer seine Stadt liebt.

Wunderbare Texte von Goethe warten auf den Leser, der seinen 65. Geburtstag übrigens einst in Wiesbaden feierte, damals auch einige Tage im Sommerhaus der Brentanos im Rheingau weilte und von da aus Ausflüge in die Umgebung machte. Textstellen aus seinem Essay "Der Rheingau" habe ich mit großem Vergnügen studiert, aber auch Briefe aus dem Briefwechsel zwischen Goethe und Marianne von Willemer sind sehr lesenswert.

Auf keinen Fall werde ich hier  all die Autoren aufzählen, die im Buch versammelt sind. Erwähnen möchte ich aber Bonifatius, der im Sommer 751 an Papst Zacharias einen Brief schrieb und dieser Brief als Gründungsurkunde von Fulda gilt. Des Weiteren möchte  ich  auf die "Die blaue Blume" von Novalis hinweisen, weil diese Blume zuerst in einer hessischen Sage über den Odenberg bei Gudensberg erwähnt wird, demnach ebenso hessischen Ursprungs ist,  wie der Beginn der Romanhandlung "Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" von Thomas Mann, den man im Buch ebenfalls nachlesen kann: "Der Rheingau hat mich hervorgebracht,….. "

Gefallen hat mir, dass man die Ballade  "Lore Lay" von Clemens Brentano nicht vergessen hat, die er Jahrzehnte vor Heinrich Heines "Loreley" auf den Weg brachte. Brentano legte seine Ballade in die Zeit der Wirren der Hexenverfolgungen in unserem Land. 

Von Büchner kann man nicht wenige Textauszüge lesen. Der Hessische Landbote bleibt nicht ausgespart. 

Womit aber beginnen? Vielleicht mit Georg Christoph Lichtenbergs "Über die Macht der Liebe" oder vielleicht mit dem Märchen "Brüderchen und Schwesterchen" der Gebrüder Grimm, das wie alle Märchen, uns die Chance bietet,   viel über die Psyche der Menschen und ihre Traumwelten in Erfahrung zu bringen oder  vielleicht  doch  mit  Goethes Gedicht an Marianne?

Liebchen ach! im starren Bande
Zwängen sich die freien Lieder
Die im reinen Himmels-Lande
Munter folgen hin und wider.
Allem ist die Zeit verderblich
Sie erhalten sich allein.
Jede Zeile soll unsterblich
Ewig wie die Liebe  sein.
1815

Empfehlenswert 

Helga König

http://www.verlagshaus-roemerweg.de/Waldemar_Kramer/Heiner_Boehncke-Hans_Sarkowicz-Literaturland_Hessen-EAN:9783737404594.html

Rezension: Literaturland Hessen- Literarische Streifzüge durch die Mitte Deutschlands- Heiner Boehncke, Hans Sarkowicz

Autoren dieses beeindruckenden Buches sind Prof. Dr. Heiner Boehncke, der vergleichende Literaturwissenschaft an der Goethe-Universität Frankfurt/Main lehrt und Hans Sarkowicz, der Leiter des Ressorts Literatur und Hörspiel im Hessischen Rundfunk. "Literaturland Hessen" nennt sich ein Projekt, das seit 2004 von hr –Kultur, der Kulturwelle des Hessischen Rundfunks, dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und dem Hessischen Literaturrat getragen wird. 

Erinnert wird an bedeutende Autorinnen und Autoren, an literarische Traditionen, Epochen, Verlage, Dichterhäuser, literarische Orte und Landschaften in Hessen. Das Projekt soll nicht als Literaturgeschichte begriffen werden, sondern soll Hauptlinien der Literatur in Hessen darstellen. Einen Verein der Freunde und Förderer des Literaturlandes Hessen e.V. gibt es übrigens seit 2011.

Das Buch ist in 10 Kapitel untergliedert und enthält eine Fülle von Informationen. Dabei geht es im ersten Kapitel um die Literaturstadt Frankfurt: Von Karl dem Großen bis zur Gegenwart. Seite für Seite lesen sich die Texte spannend. Sei es, wenn es um die Anfänge der Frankfurter Buchmesse geht oder um die Frankfurter Judengasse im Spiegel zeitgenössischer Berichte und man im Rahmen der einzelnen Beiträge auch stets aufs Neue alte Textauszüge lesen kann, die vortrefflich eingebunden, zum Gesamteindruck beitragen.  So liest man u.a. einen Auszug aus Heinrich Heines "Der Rabbi von Bacharach", der gerade einem Pogrom entkommen mit seiner Frau Sara nach Frankfurt an die Pforte des Ghettos kam.

"Aber auch in Frankfurter Kaufläden konnte die Literatur gedeihen. Das zeigt das Beispiel der Geschwister Brentanos…“ So beginnt der Beitrag über die Geschwister Brentano, die sicher vielen bekannt sind, vor allen Bettine, deren Großmutter übrigens die Schriftstellerin Sophie von La Roche war. Bettine, eine großartige Frau, die ihre gesellschaftliche Stellung dazu nutzte, um sich gegen das Elend der Massen ebenso zu engagieren wie für verhaftete Oppositionelle.

Ludwig Börne, auch die Frankfurter Nationalversammlung werden thematisiert und so vieles andere mehr, unmöglich es hier zu benennen. Auf Seite 72 angekommen, lese ich, dass die Frankfurter Kaufmannsfamilie Frank im Sommer 1933 ihre Heimatstadt Frankfurt verließ. Ihre Tochter Anne war gerade 4 Jahre alt. Über Aachen gelangte die Familie nach Amsterdam. Dass Anne 1945 im Konzentrationslager Bergen-Belsen starb, ist gewiss vielen bekannt und ihr Tagebuch haben auch nicht wenige gelesen, doch wer weiß schon, wo sie einst in Frankfurt wohnte?

Ich lese hier auch von Bertha Pappenheim, deren jüdisches Kinderheim 1938 niedergebrannt wurde, damals war sie  bereits nach schwerer Krankheit gestorben, nachdem die Gestapo sie 1936 verhaftet hatte. 

Auch über Marcel Reich-Ranicki  wird man informiert. Er begann 1958 bei der FAZ als Rezensent, dann trennten sich die Wege wieder,   denn er wurde 1960-1973 Literaturkritiker der Zeit, anschließend erst Leiter des Literaturblatts der FAZ und ab 1988 dann Moderator des Literarischen Quartetts. 

Was hier im Buch an Information geliefert wird, ist geradezu unglaublich: "Mit Goethe durch Hessen" habe ich besonders aufmerksam gelesen. Sehr gut geschrieben.

Die literarischen Streifzüge führen u.a. nach Kassel, wo einst  auch der Dichter Rilke weilte, nach Arolsen, auch nach Darmstadt, wo sich Goethe oft aufhielt und dort viele Freunde hatte. Karl Krolow starb 1999 in Darmstadt, ein begnadeter Lyriker, dessen Gedichte ich nun erneut lesen werde.

Anregend ist es, durch die Originaltexte im Buch zum Weiterlesen motiviert zu werden. Sei es im Hinblick auf die Gebrüder Grimm oder auch auf Minnesänger, wie etwa Konrad von Bickenbach oder Bligger von Steinach, die mir bislang nicht bekannt waren. 

Grimmelshausen galt im 17. Jahrhundert als einer der bedeutendsten deutschen Dichter. Der Autor des Simplicissimus Teutsch stammt aus Gelnhausen. Ich fand es sehr interessant,  mehr über seine Herkunft zu erfahren, aber auch über sein Leben, weil sich sein Buch auf diese Weise besser erschließt. 

Alle Städte, die hier gestreift werden, kann ich in der Rezension unmöglich aufführen, doch Wetzlar ist ein Muss, schon wegen Goethe, doch auch Bad Soden, Bad Nauheim und Wiesbaden sind eine Fundgrube für einen literarischen Streifzug. Georg Büchner und der Vormärz in Hessen wird sehr gut dargestellt und motiviert, sich in die Thematik zu vertiefen. Dann ist da noch "Hessens sonniger Süden", der mich, die ich dort geboren wurde, natürlich besonders interessiert, hier u.a. Orte wie Trebur und Lorsch, uralte Orte mit großer Geschichte, des Weiteren die Burgen an der Bergstraße, aus einer dieser Burgen stammte der Minnesänger Konrad von Bickenbach. Auf dessen Texte  bin ich besonders gespannt.


Ein gelungenes Buch. Ich empfehle es gerne. 

Helga König


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