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Rezension: Comandante- Edoardo de Angelis/Sandro Veronesi- Zsolnay


Auf dem Cover des vorliegenden Buches, auf dem das Meer zu sehen ist, entdeckt man weit unten, gewissermaßen auf dem angedeuteten Meeresgrund, den Beginn eines Zitats, das da lautet "Man muss diesen Roman lesen…". Die Begründung des Verfassers, es ist der italienische Schriftsteller und Journalist Roberto Saviono, erfährt man leider nicht. Grund genug, sich selbst kundig zu machen. 

Die Autoren des Romans sind der Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Edoardo de Angelis und der Schriftsteller Sandro Veronesi, der auch die Einleitung zum Roman geschrieben hat. Die Motivation der beiden zu diesem Buch, lernt der Leser in besagter Einleitung kennen. Es sind die Geschehnisse des Sommers 2018 als eine Vielzahl von afrikanischen Migranten aus den lybischen Lagern übers Meer flohen und zum Teil in Schlauchbooten havarierten, die Flüchtigen also zu Schiffbrüchigen wurden, die seitens nichtitalienischer Rettungsschiffe, die in den Gewässern kreuzten, gerettet wurden, man allerdings die Geretteten in den italienische Häfen nicht aufnehmen wollte, mit der Begründung, die Rettungsschiffe würden mit lybischen Bootsführern zusammenarbeiten. Nicht wenige wollten die Schiffbrüchigen niederträchtiger Weise "absaufen" lassen. Offenbar hatte man vergessen, dass Schiffbrüchige von alters her sakrosankt sind. Mitmenschlichkeit? Fehlanzeige.  

Im vorliegenden Roman erzählen die Autoren eine Geschichte, die sich im Zweiten Weltkrieg auf dem italienischen U-Boot "Cappellini" in der Nähe von Madeira abspielt. Man lernt den U-Boot- Kommandanten Salvatore Todaro kennen, ein Mann mit gebrochenem Rückgrat, dessen Körper durch ein Metallkorsett stabil gehalten wird und der durch Morphium seine Schmerzen erträglicher macht. Dieser Mann ist ein echter Krieger nach Art der alten Römer, der solange  kämpft, bis er siegt und keine Gnade mit dem Gegner hat, wenn es darum geht, Schiffe zu versenken. Sein Job ist es eben, Schiffe zu versenken und genau in diesem Job geht er trotz seiner schweren Verletzung auf, etwa wie ein Dichter beispielsweise im Schreiben von Liebesgedichten. Ihm vertraut seine Mannschaft, weil sie weiß, dass er das Leben seiner Besatzung keinen Moment vergisst, deshalb auch viel von ihnen abfordert, denn das U-Boot-fahren in Kriegszeiten, bedeutet den Tod mit an Bord zu haben. Ein Held zu sein oder zu werden, ist Programm. Dieses Programm wird nicht in Frage gestellt.

Als Leser*in erlebt man den Alltag und die Gefahren auf dem U-Boot,  erlebt hautnah den Kampf mit gegnerischen Schiffen, schließlich den Untergang eines belgischen Handelsschiffes, das von der "Cappelini" beschossen wurde und das dortige Flammenmeer, dem sich die Besatzung durch einen Sprung ins eiskalte Meer zu retten sucht. 

Der Comandante der "Cappelini" entscheidet sich, die Schiffbrüchigen zu retten, selbst auf die Gefahr hin, dass er vors Kriegsgericht gestellt wird, weil für ihn Schiffsbrüchige unantastbar sind und gerettet werden müssen, auch selbst auf die Gefahr hin, dass durch die Mehrbelastung und die Gefahren durch gegnerische Schiffe, sein U-Boot für immer auf dem Meeresgrund landet. 

Todaro ist so sehr von seiner Mission überzeugt, dass er Funkkontakt mit einem britischen Schiff aufnimmt und um freies Geleit bittet, damit er die 26 belgischen Seeleute an Land bringen kann. Der britische Kapitän akzeptiert die Bitte, vielleicht berührt von der an Verrücktheit grenzenden Mitmenschlichkeit des Comandante inmitten all der Unmenschlichkeit, die jeder Krieg mit sich bringt.

Mich erinnert die Mitmenschlichkeit Todaros an  den  legendären Weihnachtsfrieden von 1914 und daran, dass Mitmenschlichkeit immer möglich ist, wenn man nur genügend Mut aufbringt, sie an erste Stelle zu setzen. Einige Szenen im Buch erinnern an Ernst Jüngers "Stahlgewitter", ohne allerdings in irgendeiner Weise Krieg zu verherrlichen. Gezeichnet wird präzise, was geschieht, wenn Mars Geist und Psyche von Menschen beherrscht.
 
Ein beeindruckender Roman. 

Maximal empfehlenswert 

Helga König

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