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Rezension: Das späte Leben- Bernhard Schlink- Diogenes

Der von mir sehr geschätzte Autor des vorliegenden Romans ist der Jurist Bernhard Schlink, der weltweit bekannt wurde durch seinen Roman "Der Vorleser" Diesen Weltbestseller und weitere Bücher des Schriftstellers habe ich auf "Buch, Kultur und Lifestyle" rezensiert.

Martin, der Protagonist des neuen Romans, war vor seiner Pensionierung Hochschullehrer. Zu Beginn der Romanhandlung ist er 77 Jahre alt und Vater eines sechsjährigen Sohnes. Seine Frau, einige Jahrzehnte jünger als er, hat er an der Uni kennengelernt. Sie war keine Studentin von ihm, aber einer Freundin einer seiner Studentinnen. Machtmissbrauch also ist hier kein Thema.

Trotz des Altersunterschiedes entwickelt sich eine enge Liebesbeziehung zwischen ihm und Ulla, die als Künstlerin viel Freiraum benötigt, um kreativ zu bleiben und die sich diesen auch selbstbewusst schafft. 

Martin, der Vielleser, hat mit Ulla eine Frau an seiner Seite, deren Metier nicht Worte, sondern das schöpferische Tun als Malerin ist. Worin bestehen ihre Gemeinsamkeiten? Sind Gemeinsamkeiten in einer Liebesbeziehung zwingend notwendig?

Bei einer Routineuntersuchung stellt Martins Arzt fest, dass der 77 jährige Bauchspeichelkrebs hat und nur noch wenige Monate leben wird. Martin überlegt wie er mit dieser Hiobsbotschaft umgehen soll und entscheidet sich Ulla und seinen Sohn David nicht zu verschweigen, dass er nicht mehr lange leben wird. 

Die Leser lernen den Krankheitsprozess von Martin im Laufe des Romans kennen, zunächst seine Müdigkeitssymptome, die ihn immer wieder Schach matt setzen. Für den nicht lebensmüden Mann sind die Symptome nicht einfach in sein agiles Leben zu integrieren.

Bernhard Schlink schreibt berührend wie der kleine David sich mit dem baldigen Tod des alten Vaters auseinandersetzt und auch wie die junge Ehefrau mit diesem baldigen Ableben umgeht, vor allem, dass sie zunächst aufgrund ihrer jungen Jahre vielleicht nicht wirklich versteht. Noch geht sie ins Atelier, noch hat sich an ihrem Alltag wenig geändert. 

Martin überlegt, was er seinem Sohn über den Tod hinaus mitgeben kann und schreibt einen fast schon philosophischen Brief, von dem er hofft, dass Daniel ihn später lesen und die Gedanken seines Vaters verstehen wird. So schreibt er u.a. anderem über Gott, die Liebe und die Gerechtigkeit und über die Balance im Leben. Er schreibt auch über den Tod und resümiert, dass dieser nicht gerecht sei. Dies stellt er, ohne anzuklagen fest. 

Neben diesen Reflexionen unternimmt er viel mit seinem kleinen Sohn, während Ulla geschäftig ihren Dingen nachgeht. Der Zufall will es, dass Martin entdeckt, dass seine Frau offenbar einen jungen Geliebten hat. Er recherchiert und seine Vermutungen verdichten sich... 

Martin geht sehr sachlich mit den Gegebenheiten um, macht Ulla keine Vorwürfe, sondern besucht stattdessen diesen Mann, um mit ihm zu reden. Er ist besorgt um seinen Sohn und seine Frau und möchte sie nach seinem Ableben in guten Händen wissen…..Ihn treibt weder Wut noch Rache um, sondern die Liebe, die letztlich alles vergibt. Vielleicht ist diese Form des Liebens nur abgeklärten Menschen vorbehalten. Martin ist abgeklärt.

Diese und eine weitere Recherche im Hinblick auf Ullas Vater beschäftigen den todkranken Mann so sehr, dass er fast seine Krankheit vergisst und nur durch immer heftigere Schmerzen daran erinnert wird. Er begreift sich als Behüter in dieser letzten Lebensphase, was ihn nicht schwach erscheinen lässt. 

Was an diesem Buch fasziniert, ist die Art, wie der Protagonist sich zurücknimmt und stattdessen den Fokus auf seine Lieben legt, deren Wohlergehen ihm auch nach seinem Ableben am Herzen liegt. Martin ist frei von Larmoyanz. Ein Mann, der Herausforderungen annimmt und mit ihnen sehr erwachsen und reif umzugehen vermag...

Ob diese eine Altersfrage ist, weiß ich nicht, gewiss aber eine Frage der Nachdenklichkeit im Hinblick auf das eigene Ego.

Ein sehr packender Roman. 

Maximal empfehlenswert,

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