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Rezension: Gute Menschen- Fréderic Schwilden-Piper


Der Autor dieses Romans, Fréderic Schwilden, arbeitete u.a als Redakteur im Feuilleton der Welt am Sonntag und ist seit 2018 exklusiver Autor der Welt-Gruppe. 

Als ich den Titel "Gute Menschen" las, dachte spontan an nachstehendes Zitat Albert Einsteins "Wie ohnmächtig auch die guten und gerechten Menschen sein mögen, sie allein machen das Leben lebenswert" und wurde neugierig auf den Inhalt des vorliegenden Buches. 

Die Protagonisten des Romans sind die erfolgreiche, dabei überaus hedonistisch ausgerichtete Juristin Jennifer und der nachdenkliche, dabei ethisch anspruchsvolle Gymnasiallehrer Jan. Die beiden haben sieben Jahre als Paar zusammengelebt. Als Jan vor Weihnachten zu seiner pflegebedürftigen, hochbetagten Großmutter reist, um ihr beizustehen, verlässt Jennifer ihn, ohne ein Wort zu sagen und zieht aus der gemeinsamen Wohnung aus, die sie ihm überlässt. 

Jennifer hält Jan für spießig wegen seines ethischen Anspruchsdenkens und präferiert stattdessen, den Moment ausgiebig zu genießen, ohne sich kritischen Fragen darüber aussetzen zu müssen. Materie spielt für sie keine Rolle. Sie hat genug davon, um sich das Leben zu leisten, das sie von nun ab führt. 

Dabei geht es ihr nicht um das Umsetzen von Statusdenken. Ein solches Handeln wäre für sie kleingeistig, sondern darum, einfach ohne schlechtes Gewissen, das zu tun, was ihr spontan Spaß bereitet. Sie möchte sich nicht mehr rechtfertigen müssen, wenn sie sich in einem Luxushotel wie dem Ritz in Paris einmietet und dort den teuersten Champagner bestellt. Dies soll ja nicht ihre Lebensaufgabe werden, sondern ein bloßer Kick für den Moment. 

Toleranz und Großzügigkeit machen die Protagonistin trotz ihres Selbstfindungs-Trips fast sympathisch, auch ihre brillanten Analysen tun es und die dabei ehrlichen Betrachtungen von allem, was ihr entgegengebracht wird. Jennifer ist eine gute Beobachterin, beschreibt Realitäten, sieht Widersprüchlichkeiten aller Art, wertet sie aber nicht. 

Jan erlebt man als sehr empfindsamen Mann, der die abrupte Trennung von Jennifer nicht so einfach wegstecken kann, zumal sie sich einem letzten klärenden Gespräch entzieht, sogar ihr Handy weggeworfen hat. Funkstille. 

Jennifer will frei sein und möchte Jan keinen Platz in ihrem neuen Leben mehr einräumen. Das muss er akzeptieren. 

Jan macht bei seiner schwerbehinderten Großmutter ganz andere Erfahrungen als die Hedonistin auf ihrer Selbsterfahrungsreise. Er umsorgt und pflegt die alte Frau. Der Autor beschreibt akribisch, was das heißt. Pflegedienste sind anstrengend, gehen seelisch an die Substanz. 

Bei allem: Jennifer und Jan leben beide ihren Charakteren entsprechend ein authentisches Leben. Vielleicht macht sie genau das zu guten Menschen, wenn auch mit verschiedenen Lebensansichten.

Beide machen, um den Gedanken Einsteins aufzugreifen, wenn auch auf unterschiedliche Art, das Leben lebenswert. Gut ist, wer keinem schadet.

Maximal empfehlenswert. 

Helga König

Onlinebestellung: Piper oder überall im Handel erhältlich

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