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Rezension: Der goldene Pelikan- Stefan Chwin

Seelenpein und deren Folgen.

Der polnische Schriftsteller Stefan Chwin erzählt die Geschichte eines Danziger Juraprofessors, genannt " Jakub". Dieser Mann wird vom Autor als hochgebildet gezeichnet. Er befasst sich mit den bedeutensten europäischen Schriftstellern und Philosophen , vor allem mit Kant und versucht in seinen Vorlesungen immer wieder ethische Fragestellungen zu beantworten . Diesen Rechtsgelehrten quält das Gewissen, weil er annimmt, dass eine seiner Studentinnen aufgrund ihres fälschlicherweise nicht bestandenen Examens Selbstmord begangen hat.


Besagte Studentin lässt zuvor den zu diesem Zeitpunkt sehr gestressten Professor wissen, dass er es war, der eine fehlerhafte Eintragung in die Benotungsliste vorgenommen habe und bittet ihn diese Eintragung zu überprüfen. Unwirsch kanzelt der Prüfer die Geprüfte ab. Kurz darauf liest er dann in der Zeitung vom Suizid einer Studierenden. Jakub fragt sich immer wieder, ob es sich bei betreffender Person um das junge Mädchen handelt, welches er so selbstgerecht ihrer ungewissen Zukunft überlassen hat.


Durch seine Zweifel gerät er in eine immer tiefere Lebenskrise und beginnt seine Persönlichkeit zu verändern. In seiner Seelenpein sucht er verschiedene Geistliche und einen Psychologen auf, um so vielleicht sein Gewissensproblem in den Griff zu bekommen. Keiner der von ihm konsultierten kann ihm helfen. Nachdem ihn seine völlig entnervte Ehefrau verlässt, kehrt er der Universität den Rücken, beginnt zu trinken , zu stehlen und verliert schließlich seine Wohnung. Aus dem bürgerlichen, sorgfältig auf sich achtenden Herrn ist ein abgerissener Obdachloser geworden.

Auf der Straße wird er nun mit fürchterlicher Armut, mit unsäglichem Schmutz, mit schockierender Brutalität und immer wieder mit Demütigungen konfrontiert. Er muss mit ansehen, wie eine Weggefährtin von Schlägern schrecklich misshandelt und bei lebendigem Leib verbrannt wird. Jakub verliert bei diesem Anblick seine Sprache. Wie durch ein Wunder zieht ihn eine Frau, der er in seinem Leben schon einmal begegnet ist, aus der Gosse. Dieser ebenfalls vom Leben gebeutelte Mensch erbarmt sich seiner. Durch jene Frau erfährt Jakub, dass man nur dadurch eigenes Leid lindern und seine Schuld sühnen kann, wenn man sich selbst vergessend dem Leid anderer zuwendet und Hilfe leistet.Durch diese Offenbarung kann Jakub endlich Frieden mit sich schließen und ist bereit für eine Reise ins Unbekannte....

Stefan Chwin vermag mit Worten grandiose Bilder zu malen, die an die Werke Hieronymus Boschs erinnern. Darüber hinaus bringt der Autor dem Leser die alte Hansestadt Danzig in ihren wirren Zeitläuften nahe. Hauptsächlich jedoch geht dieser hervorragende Schriftsteller Sinnfragen nach.

Über Sätze , wie etwa den, " dass das Menschsein nur die quälende Erfahrung des Verlustes ist, mehr nicht" oder die " Kultur die Quelle des Leides " verkörpert, lässt sich lange nachdenken. Sentenzen dieser Art finden sich viele in diesem ganz außerordentlichen Roman, den ich an dieser Stelle nachhaltig empfehlen möchte.




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